Übgruppe HS – Wut

HS teilt mit uns zu Anfang einige Gedanken von Marshall Rosenberg zum Thema Wut; Gedanken, welche HS aus einem Seminar von Rosenberg in Köln im Jahre 2005 entnommen hat.

Wut ist ein sehr wertvolles Gefühl. Es zeigt und macht uns wach dafür, dass wir gerade wie ein „Wolf“ denken, also auf eine Weise, die Gewalt auf dem Planeten erzeugt.

Das gibt uns die Möglichkeit, diesen Planeten sicherer zu machen, indem wir unsere Sprache der Gewalt in eine Sprache des Lebens übersetzen.

Wenn wir wollen können wir bei einem Wutanfall aber erst einmal die innere Wolfs-Show genießen – die ist im Gegensatz zum Kino kostenlos und viel spannender als jede Horror-Show  😉

Wir können uns aber auch direkt einen Giraffen-Hut aufsetzen, d.h. uns Selbst-Einfühlung geben und schauen, welche tiefer liegenden Gefühle und Bedürfnisse jetzt in uns lebendig sind (und diese sozial-verträglich mit der jeweiligen Person teilen).

Ob diese Zitate nun komplett von Rosenberg sind, oder ob HS hier noch Hand angelegt hat?  Das Lob der Vorteile der Wolfs-Show als „kostenloses Kino“, und der Hinweis aus „sozial-verträgliches Verhalten“ scheinen mir untypisch für Rosenberg – „Prepare people for your weirdness…“  und ähnliches sind für mich eher typisch.  Well, who knows?

Des weiteren wurde im Seminar die Praxis des Giraffenhutes für mein Gefühl ein wenig arg  ins Lachhafte gezogen …  ob es nun der Giraffenhut war, oder ein anderer Hut, oder eine Geste zum Beispiel das Über-den-Kopf-Halten der Hand … das alles sind für mich essentielle, grundlegende Elemente der GFK, die mich erinnern welche Aufgabe und Herausforderung es bedeutet, die Verbindung zu mir herzustellen, wenn die Welt um mich herum mich triggert, und meine Automatismen parat stehen.   TAKE YOUR TIME   Auch das steckt in dem Aufsetzen des Giraffenhutes.   Die Bereitschaft und der Wunsch andere Wege zu gehen als die von Generation zu Generation geerbten Muster.

Dann hat HS uns auf dem Boden die Karten für den Ärger-Auflösungs-Prozess ausgelegt.

EREIGNIS-BEOBACHTUNG
BEURTEILENDE GEDANKEN-WOLFSSHOW
BEDÜRFNISSE
GEFÜHLE
BITTE

Die Illustration bzw. Demo dieses Prozesses machte eine Teilnehmerin anhand einer aktuellen Erfahrung.  Sie hatte einen Ärger auf eine Freundin, die sie bei einer gemeinsamen Reise zu einem Kirchentag auf rücksichtslose Art zugetextet hatte, und war sehr ärgerlich darüber.
Die Teilnehmerin hatte kaum zwei Sätze „Wolfsgedanken“ zum Vorschein gefördert (was ihr nicht so leicht fiel übrigens), da intervenierte HS indem er den ersten Gedanken isoliert betrachtet sehen wollte, und nach den möglichen Bedürfnissen in die Runde fragte.
Hier hätte ich mir gewünscht daß HS die Teilnehmerin mehr in ihre Wolfsshow hätte kommen lassen, sodaß wir wirklich alle mehr das KINO Erlebnis gespürt hätten.  So blieb es arg an der Oberfläche, und unsere Kandidatin schweifte auch direkt wieder in ihre Analyse der Situation, der Teilnehmerin und blieb fern der wirklichen Ärger-Energie.

Dann hatten wir Gelegenheit jeder allein auf einem Blatt einen Ärgerprozess aufzuschreiben.  HS empfiehlt die Übung schriftlich zu machen.  Hier ist mein Beispiel:

EREIGNIS
Ein Mann läßt ein von ihm bestelltes Brötchen im Backautomat liegen.

WOLFSSHOW
So eine Frechheit!
Guck Dir die Latschen von dem Typ an, der fühlt sich hier wohl wie im eigenen Wohnzimmer!
Die Leute sind verantwortungslos; das Brötchen muß nachher weggeworfen werden, am Ende bezahlen wir alle dafür.
So ein Mist; ich kann ihn nicht ansprechen, weil ich Angst habe, daß ich mit meiner Ärgerenergie nur wölfisch rüber komme, und seine Reaktion mich nur noch ärgerlicher macht.
Da ist ja so ein Backautomaten-Sünder.

BEDÜRFNISSE
Achtsamkeit Lebensmitteln gegenüber  ??
Selbstausdruck
Gesehen-Werden

GEFÜHLE
Wut/ Traurigkeit/Ärger
Angst

BITTE
Ich möchte einmal in zwei Wochen einen Ärger-Prozess schriftlich machen


Anschließend sprachen wir lange über die Situation einer weiteren Teilnehmerin, die im Büro von einer Kollegin zugetextet wurde und immere noch wird.  Sie findet keine Möglichkeit die Kollegin zu stoppen, hat Sorge daß dann die Beziehung leiden würde.  Kann aber auch nicht mehr weiter zuhören.  Ist ihr wesentlich zu viel des Guten.  Ein Dilemma.
Ich bin inspiriert dies auf Miki Kashtan´s Art anzugehen.  Der Kollegin sagen daß sie ihre Worte gut verstehen und aufnehmen will, und deshalb auch einmal zurückmelden wolle – oder alternativ – eine Pause brauche – und andere Strategieen, was auch immer.

HS Hinweis auf die Aufrichtigkeit – aber dann nach der Probezeit – konnte ich nicht zustimmen.  Dieses Moment des Pragmatismus geht für mir sehr weit in Richtung Ratschlag für eine Übgruppe GFK.  Es schien teilweise dass arg die Lösung für das Problem der „geschwätzigen Kollegin“ gesucht wurde, und damit ein Wolfscafe rundum dieses Thema gemacht wurde.

Nun kam die junge Meike, Tochter der letzgenannten Teilnehmerin zu Wort und gab ein weiteres Mosaikstück zum Thema „zutexten“ zum Besten.  Nun war es der Bruder, der sie ohne wenn und aber zutextet – seine Begeisterung für Philosphie teilend, auch wenn die Schwester wenig Interesse daran hat, und gleichzeitig ihre Gedanken kaum wahrnehmend oder verändern wollend.
Meike war tendentiell geneigt ihm die ganze Wahrheit – authentisch – zu sagen, was bei ihr aber eher fehlte war das Mitgefühl für den Bruder.  Sie kam auch ganz auf die Mutter, die in solchen Fällen eher die Strategie „aushalten“ wählt, aber mit ihrem Bruder, da fühlte sie doch ne Menge Wut und Ärger, den sie sich gerne erlauben wollte.

Insgesamt ein lebhafter Abend mit verschiedenen Beiträgen zum Thema „zutexten“.

Am Ende hat HS uns noch ein Handout zum stufenweisen Erarbeiten des Giraffenschreis gegeben – sehr nützlich.  Folgende Übungsstufen:

1) Drücke nur Deine Wut in Deinen Worten aus.

2) Drücke Deine Wut und den möglichen Auslöser in Deinen Worten aus.

3) Drücke Wut, Auslöser, und Bedürfniss in Deinen Worten aus.

4) Drücke Auslöser, Primärgefühl (Schmerz, Angst), Bedürfniss, und Bitte in Deinen Worten aus.

Wähle nun eine Wand, an der Du Deine Wut abladen willst.  Rede die Wand an.  Eventuell ist es hilfreich sich mit beiden Händen an der Wand abzustützen – dann nur raus mit der Wut …

Wie erlebst Du bei dieser Übung die unterschiedlichen Schritte?


Fazit der Übgruppe – heute war das letzte Treffen des Semesters.
HS hat technisch differenziertes Verständnis der GFK, wobei ich mich doch manchmal frage in wieweit er auch die Haltung der GFK hat.  Teilweise erlebe ich da eine Lücke.  Wenn er zum Beispiel ernsthaft vorschlägt, Meike möge doch ihr Zimmer abschließen, damit der Bruder nicht reinkommen könne, und sie ihr Bedürfniss nach Ruhe erfüllen könne.  Oder wenn er Dialog-Vorschläge macht, in reiner GFK-Sprache, die aber fremd und unverbunden klingen.  Die Teilnehmer sind zum Teil kaum im GFK Thema angekommen, aber sie empfinden das Seminar scheinbar als hilfreich.  Es ist doch eine tiefere und andere Begegnung als sonst im Alltag, und sie schätzen wohl den „Ratschlag“ von HS.  Die Runde ist dann auch ziemlich Lehrer-Schüler artig in manchen Momenten.  Bei Sabine, Esther, oder Tina empfinde ich da deutlich stärkere Energie alle auf eine friedfertige Weise hören zu wollen.  HS kommt auf mich verletzlich, teilweise agressiv und dünnhäutig rüber.  Er sorgt aber für alle, und seine technische GFK-Sprache ist für mich auch eine wertvolle Erfahrung.  Im Moment bin ich nicht sicher, ob ich im Herbst weiter mache bei HS.  Es ist definitiv eine andere Art GFK als sie mir am Herzen liegt – aber es ist mir eigentlich wichtig, die Verbindung zu HS zu bekommen, da ich dort einen Widerstand fühle.  Was ist das genau – noch undeutlich.